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Remote arbeiten im Software Engineering – Interview mit Daniel Marbach

Daniel Marbach_Remote_Homeoffice

Daniel Marbach arbeitet seit fünf Jahren ausschliesslich von Remote. Als Solutions Architect arbeitet er für Particular Software, einer israelische Software-Firma. Er ist Microsoft Most Valuable Professional (MVP) for Azure, ein enthusiastischer Open-Source-Entwickler, regelmässiger Speaker und Blog-Schreiber.

Ich habe Dani – natürlich remote – getroffen und mit ihm über seine Arbeitsweise gesprochen

Aktuell ist arbeiten im Home-Office oder von Remote durch das Corona-Virus gerade in aller Munde. Was rätst du den tausenden, neu von Zuhause aus arbeitenden Personen?

Das ist einerseits eine technische und anderseits eine einstellungsmässige Frage. Natürlich müssen alle Tools vorhanden und der Zugriff auf die Server gewährleistet sein. Ich kenne einen Fall, wo die Security-Abteilung die vermehrten VPN-Zugriffe als Angriff deutete und alle Ports geschlossen hat …

Auch die klare Trennung, räumlich und zeitlich, von Arbeit und Freizeit ist wichtig. So miete ich einen Office-Raum und falls ich von zu Hause arbeite, habe ich auch dort zumindest einen festen Arbeitsplatz. Zudem halte ich fixe Arbeitszeiten ein und erledige nicht die Wäsche zwischendurch. Als Ritual rasiere ich mich jeden Morgen. So als ob ich ins Büro oder zu einem Kunden ginge.

Was waren anfängliche Schwierigkeiten für dich?

Das waren für mich die zeitliche und räumliche Abgrenzung sowie Infrastruktur-Themen.

Bei vielen Remote-Arbeitern ist die Work-Life-Balance ein Thema, so dass oft zu viel gearbeitet wird. Man ist immer erreichbar, immer ist irgendwer irgendwo am Arbeiten. Viele Personen haben latent Schuldgefühle, wenn sie von zu Hause arbeiten. Um dem entgegenzuwirken halte ich mich inzwischen an feste Arbeitszeiten, welche von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr dauern. 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr gehört meiner Familie, diese Zeit ist heilig. Manchmal gibt’s nachher noch einen Call. Allerdings nie nach 23.00 Uhr, denn dies beeinträchtigt meinen Schlaf.

… und die räumliche Abgrenzung?

Ich habe schnell gemerkt, dass die Arbeit von zu Hause für mich nicht gut funktioniert, denn ich habe kein Arbeitszimmer. Für meinen Sohn ist es so schwierig zu unterscheiden, wann ich am Arbeiten und wann ich für ihn verfügbar bin. Coworking-Spaces haben für mich ebenfalls nicht funktioniert. Ein beträchtlicher Teil meines Arbeitstages besteht aus Video-Calls. Dabei hatte ich immer das Gefühl, die anderen zu stören. So lag mein Fokus mehr bei meinen Coworking-Kollegen als meinen Arbeitskollegen. So verzichte ich lieber auf einen Teil meines Einkommens und miete mir einen Büroraum.

Und wie ist es mit der Infrastruktur?

Vor dem Computer zu sitzen resp. zu stehen ist meine berufliche Haupttätigkeit. Ich muss das noch lange Zeit machen können. Daher ist mir eine gute Körperhaltung enorm wichtig.
Über die Zeit habe ich mir qualitativ hochwertige Produkte angeschafft: Stehpult, Bürostuhl, Work Station, Tastatur, Notebook, Bluetooth-Kopfhörer und Mikrofon, Kamera. Gerade eine hochwertige Kamera, ein bequemer Kopfhörer und ein Top-Mikrofon sind für die vielen Calls zentral. Wenn Personen von unterwegs arbeiten und schlecht verständlich sind, werden sie mit der Zeit von den anderen ignoriert.

Wie gehst du mit Ablenkung um?

Das ist definitiv ein Thema. Das beginnt bei der Partnerin, welche möchte, dass man noch die Wäsche erledigt bis dazu, dass Benachrichtigungen von andern Programmen (z.B. E-Mail-Notifications) in Meetings abgelenkt wird. Das passiert natürlich auch in physischen Meetings, aber in virtuellen ist die Hemmung für Abschweifungen kleiner. Die Benachrichtigungen kann man jedoch mit virtuellen Desktops umgehen.

Wie arbeitet ihr bei Particular Software?

Bei uns arbeiten ungefähr 45 Personen aus allen Zeitzonen, vom Westen der USA bis nach Neuseeland. Zudem ist der Firmensitz in Israel, was bedeutet, dass auch am Sonntag gearbeitet wird. Wir arbeiten also an sechs Tagen rund um die Uhr. Rechtlich bin ich selbständig und Particular Software mein Kunde. Emotional ist Particular Software aber klar mein Arbeitgeber.

Da alle Mitarbeitenden seit Beginn von Remote arbeiten, gibt es kein Gruppendenken (Hauptsitz vs. Remote). Auch sind die Abläufe für das Remote-Arbeiten optimiert und Vertrauen ist der Grundstein für unsere Zusammenarbeit.

Gibt es bei euch auch physische Treffen?

Ja. Wir haben gelernt, dass physische Treffen wichtig sind. Wir treffen uns jährlich ein- bis zweimal für eine Woche, um uns kennen zu lernen oder bereits bestehende Beziehungen zu vertiefen. Dabei stehen nicht aktuelle Projekte im Vordergrund, sondern das Persönliche. Damit man später von remote informelle Gespräche führen kann, muss man sich persönlich kennen.

Gerade die wichtige informelle Arbeit vor der Kaffeemaschine – in welcher du enorm gut warst – fällt weg. Wie geht ihr bei Particular Software damit um?
Das ist tatsächlich ein Thema. Wenn ich nicht ein explizites Meeting mit einer Person habe, sehe ich die Person NIE. Oft vereinbare ich 30-minütige Meetings mit Kollegen, um einfach etwas zu plaudern. Eine Art geplanter Kaffeemaschinen-Gespräche. So sprechen wir untereinander auch heikle Themen an, beispielsweise wenn ich den Eindruck habe, jemand grenze sich ungenügend ab und laufe Gefahr, auszubrennen. Aber das ist grundsätzlich nicht anders als in einer traditionellen Arbeitssituation. Diese Gespräche sind nur möglich, wenn man sich persönlich kennt, daher unsere physischen Treffen.

Viele träumen vom Arbeiten aus dem VW-Bus oder vom Palmenstrand. Erachtest du das als realistisch?

Das ist nicht mein Modell, aber ich kenne ein paar Personen, welche so arbeiten. Ein Kollege bei Particular ist jedes Jahr für mehrere Monate mit dem Van unterwegs. Er achtet aber auch unterwegs auf eine Top-Infrastruktur. Wenn er ein Meeting hat, so wechselt er den Standort, wenn die Mobilfunkabdeckung nicht optimal ist.

Inwiefern ist Vertrauen wichtig?

Einerseits spüre ich grosses Vertrauen der Firma mir gegenüber. Das ist unabdingbar. Trotzdem schätze ich dies sehr. Allerdings muss man dieses Vertrauen auch seinen Kollegen gegenüber aufbringen. Das ist manchmal gar nicht so einfach!

Herzlichen Dank, Dani, für das aufschlussreiche Gespräch!

Roger Renggli

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Schreiben Sie mir: roger.renggli@rrpb.ch
Roger Renggli

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