One-Pager-CVs für Software Engineers – Pro und Kontra
Kurze, prägnante, einseitige Lebensläufe wirken modern. Häufig wird aber das Ziel verfehlt und sie sind eine schlechte Visitenkarte für den Bewerbenden. Wann sind sie sinnvoll? Worauf muss man achten?
In meinem Arbeitsalltag begegne ich immer häufiger One-Pager-CVs, also Lebensläufen auf einer Seite. Sie sind meist zwei- bis dreispaltig gestaltet, farbig und mit Icons versehen. Zugunsten der Übersichtlichkeit werden die Informationen reduziert. Gut gemacht wirken sie zweifelsfrei modern und ansprechend. Attribute, welche ohne Zweifel auf die Bewerber oder den Kandidaten übertragen werden.
Woher stammt dieser Trend? Mir scheint, dass diese Art Lebenslauf modernen Websites oder mobilen Applikationen angeglichen wird. Eine freundliche und übersichtliche Gestaltung mit genügend Weissraum. Grundsätzlich unterstütze ich dieses Ziel (meine Lizentiatsarbeit war die bislang kürzeste des Lehrstuhls …).
Allerdings habe ich als Leser immer wieder Mühe mit dieser Form der Lebenslaufgestaltung, da relevante Informationen fehlen. Ich kann einen Lebenslauf überfliegen und für mich irrelevante Informationen ausblenden. Das Gegenteil ist jedoch nicht möglich.
Wer ist der User deines Lebenslaufes?
Bei einem längeren Lebenslauf kann etwas grosszügiger mit Text umgegangen werden. Bei One-Pagern muss die Information extrem verdichtet werden. Daher wird bei dieser Form idealerweise je nach angenommenem Adressat der Lebenslauf angepasst.
- Vorgesetzte
Der Vorgesetzte verfügt über Fachwissen und kann deinen CV daher meist richtig interpretieren. Bedingung ist, dass die für die ausgeschriebene Position relevanten Erfahrungen erwähnt sind. - HR
HR kann über unterschiedlich tiefes Wissen in deinem Gebiet verfügen. Oft müssen diese eine breite Sparte an Profilen kennen. Auch werden selten sehr erfahrene Personen die repetitive und anstrengende Arbeit der Erstprüfung von Bewerbungen ausführen. Öfter trifft man auf Personen mit wenig Berufserfahrung, manchmal gar Praktikantinnen und Praktikanten. Verständlich, dass diese eher eine Checkliste mit Stichworten abarbeiten. - Software
Ich bezweifle die Ausgereiftheit von aktuellen Softwarelösungen zur Bewerbungsprüfung. Schon das Auslesen von Informationen aus dem Lebenslauf bereitet den meisten Lösungen grosse Probleme. Algorithmen sind meist sehr einfach gestrickt sein und führen Checklistenprüfung in reinster Form durch. Dazu ist der Fall bekannt, dass ein Bewerber das Stelleninserat in kleinster Schrift und in Weiss in den Hintergrund des CV einfügte und mühelos in die Erstrunde kam. Bei selbstlernenden Algorithmen wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass diese rassistische, sexistische oder mit anderen Vorurteilen behaftete Urteile fällten …
Viele Firmen setzen auf Effizienz im Rekrutierungsprozess. Selten ist daher der Vorgesetzte der erste Leser. Meist steht HR, eine Assistenzperson oder eine Software als Gatekeeper davor, wobei Software in der Schweiz bislang zurückhaltend eingesetzt wird.
Da die meisten Erstprüfungen durch HR oder eine Assistenz geschehen, sollte ein CV also die richtigen Stichworte beinhalten, idealerweise in der im Inserat verwendeten Schreibweise.
Sinnvoller Einsatz von einseitigen Lebensläufen
Durch den absoluten Fokus auf das Wichtigste, muss zwangsläufig viel Information weggelassen werden. Das kann es notwendig machen, den CV auf jede Stelle (oder zumindest auf gleichartige Stellen) anzupassen.
Sich als Leser über drei Spalten hinweg zu orientieren kann für den Leser anspruchsvoller sein als sich auf drei kontinuierlichen Seiten zurechtzufinden. Der Informationsablauf ist einspaltig relativ einheitlich und standardisiert, bei One-Pagern dagegen nicht.
Ein One-Page-CVs sind für Berufsanfänger bis maximal zur Bewerbung für die zweite Stelle geeignet. Danach scheint mir aus den oben genannten Gründen der Nachteil von zu viel weggelassener Information zu überwiegen.
Vor und Nachteile von One-Page-CVs
- Vorteile
• Optisch ansprechend
• Wirken modern - Nachteile
• Fehlende Informationen
• Erschwerte Lesbarkeit
Häufige Fehler
Oft stelle ich fest, dass die folgenden Informationen weggelassen werden, welche ich für zentral halte:
- Technische Skills sollen als eigener Abschnitt aber auch bei jeder Stelle aufgeführt werden
- Anstellungsbeginn und -Ende inkl. Monatsangaben
- Stellentitel für jede Stelle
- Nationalität/Aufenthaltsbewilligung
- Eher technisch/methodischer als inhaltlicher Fokus (v.a. beim Wechsel von Wissenschaft zur Wirtschaft)
- Foto
Haben Sie Fragen?
Rufen Sie an: +41 (0)41 552 27 27
Schreiben Sie mir: roger.renggli@rrpb.ch
Roger Renggli
Verwandte Artikel ?>
Mit der Chefbrille seinen CV prüfen
Beginnen wir. Damit Sie und das Unternehmen gewinnen.
Kontakt