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Der Cultural Fit in der Personalauswahl

cultural fit

In Einstellungsinterviews Fachwissen und Persönlichkeit zu prüfen, reicht nicht aus. Fehleinstellungen sind die Folge. Die kulturelle Passung (Cultural Fit) könnte die Lösung sein. Erfahren Sie, was dies konkret für die Rekrutierung bedeutet.

Vom Fachwissen über die Persönlichkeit zu Cultural Fit

Historisch liegt der Beginn beim Fachwissen, läuft über die Persönlichkeit und ist heute beim Cultural Fit angekommen. Jedoch ist das Konzept wissenschaftlich noch nicht ausgereift und verlässliche Verfahren und Methoden existieren noch nicht.

Fachwissen als Basis

Ein Software Engineer, der die verwendeten Programmiersprachen nicht beherrscht, wird nicht eingestellt. Genauso wie der Buchhalter, der keinen Jahresabschluss erstellen kann.

Das ist richtig und wichtig. Schnell wird aber klar, dass bei einem Software Engineer Kenntnisse der Programmiersprache nicht ausreichen. Daneben sind Themen wie Lernbereitschaft (für neue Technologien), analytische Fähigkeiten (um Probleme zu durchdringen und zu lösen) und Gewissenhaftigkeit (um fehlerlosen Code zu produzieren) zentral. So kommt die Persönlichkeit ins Spiel.

Persönlichkeit als Ergänzung

Frei nach Warren Buffett: Intelligenz, Initiative, Integrität. Wobei Integrität das Wichtigste ist. Intelligenz und Initiative ohne Integrität sind brandgefährlich.

Ein Leiter Softwareentwicklung erzählte mir, wie bei seinem Team der Wurm drin war. Das Verhalten des talentiertesten Entwicklers sei destruktiv gewesen. Fachwissen ja, aber falsche Persönlichkeit also. Nach langem Zögern entliess er ihn. Das Arbeitsklima habe sich schlagartig verbessert. Jüngere Mitarbeitende mit Potenzial hätten auch die befürchtete Lücke schnell geschlossen.

Trotz Fachwissen und passender Persönlichkeit bleibt manchmal der Erfolg aus. Ich selber machte diese Erfahrung. In einem erfolgreichen Unternehmen merkte ich bald, dass mein Arbeitsstil weit weg von der firmeninternen Norm war. So wollte ich nicht arbeiten – und langfristig wäre ich auch kaum erfolgreich geworden.

Cultural Fit als Lösung

Dir richtige Person ist am richtigen Ort erfolgreich. Erfolg ist ans Umfeld gebunden (was von der Person oft unbescheiden ignoriert wird). Dass man in die Kultur passt, ist entscheidend.

Was ist Organisationskultur?

Die kürzeste Definition der Unternehmenskultur von Bright und Parkin1 lautet: «So machen wir das hier». Etwas umfassender beschrieben als «System gemeinsam geteilter Muster des Denkens, Fühlens und Handelns sowie der sie vermittelnden Normen, Werte und Symbole innerhalb einer Organisation»2. Sie ist schwierig zu fassen und verändert sich stetig. Zudem ist sie von Team zu Team unterschiedlich und die Marketing-Abteilung von Firma A ist der Marketingabteilung von Firma B wohl näher als der R&D-Abteilung der eigenen Firma.

Aktuell sind kulturelle Assessments zeitaufwändig und teuer. Für eine Analyse werden Personen aus unterschiedlichen Abteilungen interviewt und interne Dokumente und Prozesse analysiert.

Dabei gibt verschiedene Modelle, welche die Kultur in unterschiedliche Dimensionen aufteilen. Diese unterscheiden sich jedoch stark. Ein allgemeingültiges Modell muss erst noch gefunden werden. Wie in der Persönlichkeitspsychologie mit den Big-Five sollte es möglich sein, die zentralen Dimensionsfaktoren herauszukristallisieren. Hier ist Forschungsbedarf mit beachtlichem wirtschaftlichem Nutzen vorhanden.

Umsetzung in der Personalauswahl

Fachwissen im Interview

Fachwissen kann geprüft werden. Achten Sie darauf, dass Sie nicht leicht erlernbare Fertigkeiten prüfen, sondern der Kern der Anforderungen. Ebenso sollten Sie vermeiden, dass Stressresistenz, Präsentationsfähigkeiten o.ä. das Resultat zu stark beeinflussen. Dieser Teil der Kandidatenprüfung soll keinen zu grossen Anteil der Interviewzeit beanspruchen. Mehr über die grössten Fehler im Einstellungsinterview erfahren Sie in diesem Blogartikel.

Persönlichkeit im Interview

Diese ist etwas schwieriger prüfbar, aber machbar. Mittels Rollenspielen (Empathie im Mitarbeitergespräch), Aufgaben (Kreativität) oder Tests (Intelligenz) erzielen Sie gute Resultate. Ein guter Weg sind zudem biografieorientierte Fragen («Erzählen Sie von einer Situation, in welcher Sie Ihre volle Überzeugungskraft unter Beweis stellen konnten»). In dieser Buchzusammenfassung finden Sie mehr über die verschiedenen Fragetypen im Interview.

Cultural Fit im Interview

Am Anfang steht die Standortbestimmung

Um herauszufinden, wer zu einem passt, muss man zuerst wissen, wer man ist. Leider ist schon die Standortbestimmung teuer und aufwändig (s.o.). Es gibt verschiedene Software-Tools auf dem Markt, aber diese bilden die Wirklichkeit zu stark vereinfacht ab, als dass sie wirklichen Nutzen bringen könnten. Einen kurzen Fragebogen auszufüllen reicht nicht, um die Unternehmenskultur zu bestimmen.

Erwünschte Antworten

Bei den genannten Software-Tools kommt hinzu, dass der Kandidat die gewünschte Antwort erahnen kann. Derartige Fragen haben im Selektionskontext nichts zu suchen, weshalb ich auch Persönlichkeits-Inventare3 in der Personalauswahl als wirkungslos erachte.

Best Practice

Oft ist die kulturelle Passung ein rudimentäres «Die-passt-zu uns», was in der Stossrichtung korrekt ist, jedoch zu wenig differenziert. Häufig werden Personen mit ähnlichem soziokulturellem Hintergrund eingestellt (man ist sich ähnlich und daher sympathisch).

Gerne werden Personen aus derselben Branche ausgewählt. Man darf annehmen, dass Firmen in einem ähnlichen Umfeld ähnlich funktionieren. In einem streng regulierten Umfeld muss ein Unternehmen anders organisiert sein als eine junge Werbeagentur, oder Grosskonzerne anders Start-ups. Somit hat auch dieser Punkt seine Berechtigung.

Hilfreich ist, wenn die Kandidatin oder der Kandidat möglichst viel Zeit in einer möglichst realistischen Alltagssituation verbringen. Beide Seiten können so besser abschätzen, ob sie zueinander passen.

Diese drei Methoden erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer kulturellen Passung, jedoch in zu geringem Umfang. Zudem wird die Homogenität der Belegschaft übermässig erhöht, was auf Kosten der oft geforderten Diversität geht.

Für Hinweise zu überprüften Modellen im Bereich Cultural Fit bin ich dankbar (roger.renggli@rrpb.ch). Gerne werde ich diese hier integrieren.


1 https://de.wikipedia.org/wiki/Organisationskultur, aufgerufen am 21. Februar 2020

2 https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/organisationskultur-46204, aufgerufen am 21. Februar 2020

3 Man spricht von Persönlichkeitsinventaren und nicht -Tests, da es sich nicht um eine bessere oder schlechtere Leistung sondern um eine wertfreie Beschreibung handelt.

Roger Renggli

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Rufen Sie an: +41 (0)41 552 27 27
Schreiben Sie mir: roger.renggli@rrpb.ch
Roger Renggli

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