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Finger weg von agilen Teams!

Finger weg

Eine psychologische Erklärung, weshalb es kaum wirklich agile Firmen gibt, was Führungspersonen im Software Engineering besser machen können und weshalb Vertrauen dabei zentral ist.

Die agile Methode hat einen Siegeszug angetreten und breitet sich über ihr Ursprungsgebiet, die Softwareentwicklung, hinaus aus (über die psychologischen Wirkmechanismen erfahren Sie mehr in meinem Blogartikel «Die Psychologie hinter Scrum»). Kaum eine Organisation, welche sich nicht als agil bezeichnet. Wenn man jedoch die Basis, die Software Engineers fragt, tönt es anders. Agilität wird in sehr unterschiedlichem Ausmass umgesetzt.

Mikromanagement und Top-Down-Entscheide wohin man schaut. Dabei könnten Ferien im Team abgesprochen werden, bei der Weiterbildung mehr Freiraum gewährt werden und Teams bei der Stellenbesetzung stärker involviert und mit Stimm-, Veto- oder gar Entscheidungsrecht ausgestattet werden.

Weshalb aber fällt es so schwer, loszulassen?

Ein psychologischer Erklärungsansatz geht wie folgt:

Die Kontrollillusion lässt einen Glauben, grösseren Einfluss zu haben als man tatsächlich hat. Sie lässt einen beispielsweise stärker würfeln, wenn man auf eine 6 oder 5 anstelle einer 1 oder 2 Würfeln hofft. Oder sie lässt einen glauben, sicherer unterwegs zu sein, wenn man selbst am Steuer sitzt.

Die Kontrollillusion führt auch dazu, dass Vorgesetzte ihren Einfluss auf das komplexe Verhalten von Teams oder Einzelpersonen überschätzen. Sie versuchen, mit Boni, Zielvereinbarungen, Belohnungen, Listen, Einmischung ins operative Tagesgeschäft, Mikromanagement und anderem, ihre Absichten durchzusetzen.

Die Self-Fulfilling Prophecy meint, dass ein Ergebnis eintritt, wenn ich es erwarte. Wenn eine Vorgesetzte davon ausgeht, eine besonders fähige/unfähige Mitarbeitende vor sich zu haben, wird sich Ihre Erwartung erfüllen. Sie wird sie nämlich so behandeln, mit denjenigen Projekten betrauen oder anderen Personen derart präsentieren, dass nur das erwartete Ergebnis eintreten kann. So geschehen mit Schulklassen, welchen man zufällig Kinder zuordnete. Den Lehrpersonen teilte man aber mit, dass diese nach Leistungen gebildet worden seien. Am Ende des Jahres zeigte sich, dass die Erwartungen der Lehrpersonen erfüllt worden sind und die zuvor gleich starken Klassen sich nun unterschieden.

Wenn eine Führungsperson davon ausgeht, dass ihr Team oder ihre Mitarbeitenden sich nicht verantwortungsvoll verhalten werden, wird sie diese derart bevormunden, dass sie resignieren und sich schlussendlich tatsächlich aus der Verantwortung zurückziehen.

Die Negativitäts-Tendenz lässt einen negative Dinge verstärkt wahrnehmen und erinnern. Früher diente dies dem Überleben, da man einen Bären besser nicht übersah, bei den Beeren dagegen fand sich schon mal eine weitere. Die Frohnaturen wurden wegselektioniert … Alle die positiven und nicht selbstverständlichen Handlungen von Ihren Kindern, Partnern und Partnerinnen und Mitarbeitenden nehmen Sie kaum wahr, dafür deren Verfehlungen umso klarer. Das verstärkt das Bild, Mitarbeitende seien wenig verantwortungsvoll und müssten gelenkt werden.

Das Not-invented-here-Syndrom: Schlussendlich, das wissen wir alle, würden wir es ja eh viel besser machen! Besser als der Chef, besser als der Fussballtrainer, besser als der Bundesrat. Ich muss Sie aber enttäuschen, mit grosser Wahrscheinlichkeit sind auch Sie (und ich) ziemlich durchschnittlich.

Weshalb halten wir uns für die klügeren Personen? Wenn eine andere Person etwas tut, tut sie es auf ihre Art. Meist nimmt man aber nur wahr, was man selber besser gemacht hätte. Übersehen wird, welche Fehler die Person vermieden hat, die man selber gemacht hätte. Immer wieder demotivieren Vorgesetzte Ihre Mitarbeitenden, indem sie bei delegierte Aufgaben ihre Lösung als die überlegene und einzig richtige betrachten.

Diese psychologischen Effekte führen dazu, dass sich Manager zu oft einmischen. Dadurch entmündigen Sie die Mitarbeitenden, diese sind frustriert und resignieren.

Daher kommt Reinhard K. Sprenger, einer der bekanntesten deutschen Managementberater zu seinem Buchtitel „Vertrauen führt“. Seine These ist, dass Wissensarbeiter ausschliesslich über Vertrauen geführt werden können. Anweisungen und Kontrolle würden den komplexen Tätigkeiten nicht mehr gerecht. Zentral ist dabei, dass Vorgesetzte den Mitarbeitenden einen Vertrauensvorschuss gewähren müssen. Ein guter Vorgesetzter vertraut also seinen Mitarbeitenden bis er (ausnahmsweise) vom Gegenteil überzeugt wird. Die Haltung, dass ein Mitarbeiter erst beweisen müsse, dass er das Vertrauen verdiene, führe nicht zum Ziel.

Gerade in der Softwareentwicklung komme ich mit vielen Personen in Berührung, welche sich mit grossem Einsatz Ihrer Arbeit widmen. Sie sind bemüht, ihre Arbeit bestmöglich zu machen – wenn man sie denn nur lässt. Das ist kein Aufruf zu Laisser-faire-Führungsstilen, sondern ein Aufruf, Regeln, Kontrollen und Einmischungen zurückhaltend anzuwenden. Weniger ist in diesem Fall mehr!

Roger Renggli

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Roger Renggli

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